STADTHAUS NEUBAUGASSE
WAS EIN HINTERHOF ALLES KANN / Franziska Leeb
Zu ebener Erde neu bauen und dennoch den Boden entsiegeln: Ein Wohnhaus anstelle eines Lagers in der Wiener Neubaugasse bringt beides auf besonders ausgeklügelte Weise in Einklang.
Die schönste Straße mit nahezu 16.000 Einwohnern ist die Neubauer Hauptstraße“, heißt es über den siebten Wiener Bezirk in einer Geschichte der Wiener Vorstädte aus dem 19. Jahrhundert. Bis heute ist die Neubaugasse so etwas wie die Hauptstraße des Bezirks: In den vergangenen Jahren verkehrsberuhigt und begrünt, behaupten sich hier immer noch nächst der längst von den internationalen Marken in Beschlag genommenen Mariahilfer Straße viele kleine, eigentümergeführte Läden. Die Straße liegt in einer Schutzzone, die historischen Strukturen sind daher noch gut ablesbar. Unter Denkmalschutz stehen sehr wenige Häuser in der Gasse. Er schützt aber ohnedies nicht vor der Abrissbirne – wie sich diesen Sommer beim Abbruch des Biedermeierhauses im Ensemble des Klosters zum göttlichen Heiland in der Kaiserstraße zeigte. Dort erlaubte es die Gesetzeslage, Schutzzone und Denkmalschutz auszuhebeln: Abbruchbewilligung nur „wenn an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht oder sein Bauzustand derart schlecht ist, dass die Instandsetzung technisch unmöglich ist oder nur durch wirtschaftlich unzumutbare Aufwendungen bewirkt werden kann“, steht in der Wiener Bauordnung. Unzumutbar scheint manchen bald etwas zu sein, umso wichtiger wäre es, den Paragrafen schleunigst nachzubessern.
Ein Inserat, das einen Hausteil mit Gartenwohnung in der Neubaugasse zum Verkauf feilbot, lockte neben Investoren auch eine junge Wiener Familie an. Weil die Eigentümerin mehr an einer guten Nachbarschaft als an renditeorientierten Spekulanten interessiert war, bekam die Familie den Zuschlag. Um auszuloten, was im Hoftrakt an Veränderungen möglich ist, wurde als Erstes der Rat der zuständigen Magistratsabteilung 19 und des Bundesdenkmalamtes eingeholt. Das Haus mit einem Kern aus dem 17. Jahrhundert und einer Fassade aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist nicht denkmalgeschützt, wohlgemerkt.
Mikroklima verbessern
Der zur Disposition stehende eingeschoßige Lagertrakt stellte sich als Ergänzung aus der Zwischenkriegszeit heraus, das einfache Ziegelmauerwerk als untauglich, um weitere Belastungen aufzunehmen. Ein Neubau war also möglich. Das beauftragte Architektenduo Lilli Pschill und Ali Seghatoleslami (PSLA Architekten) legte seinen Entwurf mit Bedacht auf die bestehende Stadtstruktur an und mit dem Ziel, Flächen zu entsiegeln, um das Mikroklima zu verbessern.
4,6 Meter schmal und 24 Meter lang, nimmt der Neubau die Gebäudeflucht des bestehenden Hoftraktes und des abgetragenen Lagers auf und fiel zwar etwas kürzer, dafür höher aus als der Bestand. Die Architekten unterteilten den Grundriss in einen Raster von 20 quadratischen Feldern, aus denen sie die dreidimensionale Struktur mit Vor- und Rücksprüngen, unterschiedlich hohen Räumen im Inneren und Terrassen auf allen Niveaus erzeugten. Das ist mehr als eine nette Spielerei, weil so in einer beengten Situation ein Maximum an Licht, Luft, Aus- und Durchblicken sowie Freiraum gewonnen wurde. Innen hat das dreigeschoßige Haus 16 verschiedene Raumlichten, außen zwölf Gebäudehöhen. Der Raster bildet sich auch an der Fassade ab: am Rhythmus der Fenster, die an der Front fixverglast und außen bündig eingesetzt wurden, damit innen mehr Raum bleibt – bei dieser geringen Trakttiefe zählt jeder Zentimeter. Öffenbare Fenster in den Seiten der Einschnitte ermöglichen das Querlüften. Dezent zeichnet sich das zugrunde liegende Quadratformat ebenso am abwechselnd horizontal und vertikal in Besenstrichtechnik strukturierten Putz ab, der in zartem Rosa die Farbe des Bestands aufnimmt. Im Hof blieben alle Bestandsbäume sowie die Kletterpflanzen zur Nachbarliegenschaft erhalten.
Terrassen unter freiem Himmel
Ergänzend kamen Staudenbeete dazu, die eine Distanz zu den ebenerdigen Räumen herstellen, und deren Umrandung aus den Ziegeln des Abbruchs geformt wurde. Die wasserundurchlässige Betonoberfläche wurde durch ein kleinteiliges Pflaster ersetzt, sodass das Regenwasser versickern kann; auf den Dachterrassen wurde die gesamte bebaute Fläche mit Gründächern kompensiert. An einigen Stellen wurde die Substratschicht so hoch ausgebildet, dass sogar Bäume und größere Sträucher gut überleben können. Eine Retentionsschicht speichert das Regenwasser, überschüssiges wird in Kaskaden bis in den versickerungsfähigen Hof abgeführt, sodass wertvolles Nass nur in Ausnahmefällen in den Kanal eingeleitet werden muss; das wird kühlend auf das Mikroklima des Hauses und des Innenhofs einwirken.
Eine „Mischform aus Garten und Haus“ nennen die Architekten ihre Schöpfung; zu ergänzen ist, dass die Abfolge der teils von Attika-Mauern flankierten Gartenterrassen sich wie eine Wohnung unter freiem Himmel anfühlt, deren Räume je nach Lust und Sonnenstand bewohnt werden können. Innen gliedern wenige Schiebetüren und viele Vorhänge die Wohnbereiche, was zahlreiche Szenarien an Offenheit und Intimität ermöglicht und die Vielfalt der Nutzungen erhöht.
Obwohl einzigartig, ist es kein überkandideltes Haus, sondern eines, das die Bedürfnisse der Familie auf entspannte Weise erfüllt. Die Tatsache, dass so etwas in der von Investoren getriebenen Entwicklung des siebten Bezirks möglich ist, entspannt ein wenig und lässt auf Nachahmer hoffen. Zugleich schwingt aber die Sorge mit, dass wie bei den ausgebauten Dachgeschoßen im Windschatten sinnvoller Einzelinitiativen die Investoren entdeckten, wie sich auf den Dächern viel Geld mit schlechter Architektur verdienen lässt. Mögen die Verantwortlichen in Stadt und Bezirk daraus gelernt haben, damit den Hinterhöfen nicht das gleiche Schicksal droht. Es zeichnet sich in der Nachbarschaft schon ab, dass nicht überall eine so sachverständige und sensibel agierende Bauherren- und Architektenschaft am Werk ist.
BILDUNGSCAMPUS BERRESGASSE
BILDUNGSCAMPUS ALS KALLEIDOSKOP / PSLA ARCHITEKTEN
Der Bildungscampus Berresgasse versteht sich stadträumlich als Anfang / Abschluss des zukünftigen Stadtteils mit mehr als 3.000 Wohnungen, Büros, Geschäften und Freizeiteinrichtungen Richtung Westen.
Das Ziel für dieses Projekt ist das Maximieren von räumlichen Synergien zwischen dem lokalen Stadtteil und dem Campus und innerhalb des Campus selbst; damit der neue Bildungscampus aus sich selbst heraus – ähnlich einem Kaleidoskop - als Labor und Testfeld für neue Bildungspraktiken fungieren kann.
Der Bildungscampus als ein Nord‐Süd orientierter geknickter Baukörper beschreibt eine Bewegung, die das Baufeld in drei unterschiedlich differenziert-ausgestaltete Außenbereiche gliedert: Einen öffentlich zugänglichen keilförmigen Vorplatz mit mehr als 3.000 m² entlang der Straße Richtung Westen, einen begrünten Bereich zu den Einfamilienhäusern mit mehr als 10.000 m² mehrfach genutzte und exklusive Frei‐und Grünflächen für den Campus und einen dritten Bereich, der Turnhalle und dem mehrfachgenutzten Hartplatz zugeordnet, entlang der Berresgasse.
Der große Gebäudekomplex ist in eine Sequenz von leicht wieder erkennbaren, im Stadtraum ablesbaren und überschaubaren Bildungsbereichen mit eigenen Zugängen gegliedert.
Bildungsbereiche (BiBer) sind eigenständige Raumgruppen oder Cluster, die aus Bildungsräumen und Nebenräumen bestehen, und um zentrale Multifunktions-Flächen angeordnet sind. Dadurch können die große Anzahl von insgesamt 44 Bildungsräumen zu einem kleineren und überschaubaren räumlichen Verband zusammengefasst werden, die die gruppen- bzw. klassenübergreifenden Kooperationen stärken. Die Biber werden zu autonomen Organisationseinheiten, indem ihnen auch Arbeitsräume (Teamräume) für die PädagogInnen zugeordnet werden.
Das Gebäude gliedert sich in ein sockelartiges Erdgeschoß, in dem sich alle allgemeinen, den Bildungsbereichen nicht direkt zugeordneten Räume befinden. Vier zwei-geschossige Bildungsbereiche des Kindergartens und der Volksschule, die das erste und zweite Geschoß besetzen und zwei flächig organisierte Bildungsbereiche der Neuen Mittelschule, die im dritten Geschoß angeordnet sind.
Die Geschosse reduzieren sich morphologisch pyramidenartig vom rechteckigen Erdgeschoss bis zum stark gegliederten Baukörper im 4.Obergeschoß. Dadurch entstehen insgesamt ca. 2.000 m² großzügige miteinander verbundene Terrassen mit teilweise intensiven Grünraum‐Inseln in allen Obergeschoßen. Der Garten wird in die 3. Dimension erweitert.
Dieses organisatorische Prinzip des Gesamtgebäudes führt zu einer starken baulichen Differenzierung der Obergeschoße, die sich in ihrer Massstäblichkeit den beiden daneben liegenden, sehr unterschiedlichen Charakteristika – Einfamilienhäuser und straßenbegleitende Bebauung – entzieht und auf Grund der Größe des zur Verfügung gestellten Areals eine dem Bildungscampus entsprechenden Eigenständigkeit und Dimension definiert.
Das Gebäude versteht sich als eine Symbiose aus unterschiedlichen Typologien: Ein Hybrid aus Terrassen‐, Riegel‐, Brücken‐ und Hallenbauwerk. Erstmalig wurde hier ein Schulbau‐Projekt dieser Dimension realisiert, dass bewusst die orthogonale Anordnung von pädagogischen Räumen verlässt, um eine radiale, windrad‐artige Konfiguration der Räume im Bezug zu einander und zum Stadtraum zu artikulieren.
Diese Kaleidoskop-artige Formulierung der Gesamtorganisation des Bildungscampus führt zu einer hohen eigenständigen Charakteristik der Bildungsbereiche als zentrale Lernbereiche für Schüler und Schülerinnen.
Erstmalig wird der Kindergarten mit der Volksschule durch ein zentrales, hallen‐artiges 2‐geschossiges Atrium, das nach allen Himmelsrichtungen orientiert ist, verbunden. Zwischen den Bildungsbereichen befinden sich drei Treppenhäuser, die auch im Erdgeschoß drei eigene Eingänge besitzen. Diese drei Eingänge führen auf den straßenseitigen Vorplatz.
Die zentralen Multifunktionsflächen im Atrium der einzelnen BIBER (Bildungsbereiche) lassen eine Vielfalt von Nutzungsszenarien zu: Die unterschiedlichen Zonen ermöglichen sowohl ein altersspezifisches Nebeneinander als auch ein altersübergreifendes Gemeinschaftsgefühl der „BIBER‐Familie“.
Es werden sowohl maximale visuelle und räumliche Verbindungen über den mehr als 7m hohen Raum, als auch ausreichend Rückzugsmöglichkeiten und konzentrierte Bereiche durch Vorhänge, Sitztribünen, mobile Raumteiler und „gedrosselte“ Raumhöhen von 2,2m generiert; Einige Multifunktionsflächen bieten Ausblicke ins Freie, andere sind nach Innen in das Herz des Atriums orientiert und agieren wie innen‐liegende Balkone unmittelbar vor jedem Bildungsraum der Volksschule.
Sämtliche Bildungsräume sind über Eck orientiert; alle Bildungsbereiche werden stern‐förmig von allen Richtungen mit Tageslicht versorgt. Die Artikulation des Baukörpers, die Position der „hüpfenden“ Fenster, die Gestaltung der Kindergartenhäuser in den Gruppenräumen des Kindergartens und der Einbaumöbel in den Bildungsräumen machen die in der Lattenrichtung alternierenden Lärchen‐Holz‐Fassade auf allen Ebenen zu einem lebendigen Verweilort für die Kinder und PädagogInnen des Bildungscampus Berresgasse.
GELENK UND AUFTAKT / Franziska Leeb
Als baulicher Auftakt für ein neues Stadtviertel mit rund 3000 Wohnungen kommt dem siebenten Wiener Bildungscampus im Bezirk Donaustadt nicht nur die Rolle eines städtebaulichen Gelenks zwischen den bestehenden und den im Werden begriffenen Strukturen zu. Er hat auch das Potenzial, eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung einer vitalen Stadtteilkultur zu spielen.
Zwischen Platte und Acker
Angesichts weitläufiger Ackerflächen, Resten des einstigen Bauerndorfes Breitenleeaus dem vorvorigen Jahrhundert und einem Wildwuchs an Siedlungshäusern mit Garten und Swimmingpool aus der jüngsten Vergangenheit fühlte sich die Großstadt fern an, lägen nicht gleich dahinter die Großstrukturen der von Oskar und Peter Payer geplanten kommunalen Plattenbauten aus den1970er-Jahren. Auf den freien Ackerflächen werden in wenigen Jahren neue Wohnanlagen tausenden Menschen eine neue Heimat geben. Das Patchwork von alt und neu, kleinkörnig und großvolumig, locker und dicht legt nahe, dass es hier einiger Anstrengungen bedarf, so etwas wie eine Stadtteilidentität entstehen zu lassen. Welche Rolle dem zu Schulbeginn 2019 in Betrieb gegangenen Bildungscampus Berresgasse dabei zukommen kann, signalisiert dieser bereits von ferne. Zwar türmt sich das von PSLA Architekten (Lilli Pschill und Ali Seghatoleslami) geplante Gebäude hinter den Einfamilienhäusern wie ein Gebirge von einem anderen Planeten auf, nimmt mit der Gliederung des Volumens aber auch dessen Körnigkeit auf und schafft es so, die Maßstäbe der unterschiedlichen Siedlungswelten zu verbinden. Für ein lebendiges Erscheinungsbildsorgen verschiedene Fensterformate und Parapethöhen sowie die im Wechsel von senkrechter und waagrechter Beplankung gestaltete Holzfassade der Obergeschosse, die je nach Einbaulage kleinteilig unregelmäßig abwittern und vergrauen wird und sich im Lauf der Zeit vom warmen Ton des frischen Lärchenholzes in eine mit den nicht-hölzernen Bauteilen eins werdende silbergraue Farbwelt verwandeln wird.
Integrative Rolle
Der Facettenreichtum der Fassade lässt sich auch symbolhaft für die verschiedenen Bildungsweltendeuten, die man in Wien seit rund zehn Jahren im „Wiener Campusmodell“ zu verbinden sucht. Dessen Ziel ist es, Lernen und Freizeit für Kinder von Null bis Vierzehn bei ganztägiger Betreuung an einem Standort zu vereinen. Im Zuge des „Bildungseinrichtungen-Neubauprogramm 2012–2023“ wurde das Konzept unter dem Titel „Campus plus“ weiterentwickelt. Es geht dabei darum, den pädagogischen Betrieb und die Freizeitgestaltung der verschiedenen Bildungsstufen stärker miteinander zu verschränken, um gegenseitiges Lernen zu fördern und den Kindern den Übergang in die jeweils höhere Stufe zu erleichtern. Dazu werden vier Volksschulklassen und drei Kindergartengruppen beziehungsweise sechs Klassen der Neuen Mittelschule als Cluster zu Bildungsbereichen – kurz BIBER genannt – zusammengefasst und nutzen gemeinsame Multifunktionsflächen. Zudem sollen in einen „Campusplus“ je nach Standort weitere Bildungs- und Freizeiteinrichtungenintegriert werden oder Mehrzwecksäle und Sportanlagen auch für eine externe Nutzung tauglich sein.
Keine geschlossene Anstalt
Angesichts der Tatsache, dass in Bälde vis-à-vis der Schule ein neuer Stadtteil aus dem Ackerboden wachsen wird und bereits jetzt ein dicht besiedeltes Umfeld vorhanden ist, war es den Architekten ein Anliegen, die Schule bestmöglich mit dem Quartier zu vernetzen und daher das Schulareal nicht völlig von der Umgebung abzugrenzen. Ein großer Vorplatz, der Abstand zur künftigen Bebauung hält und zugleich das Zeug hat, zu einem Treffpunkt im Quartier zu werden, sowie die Möglichkeit, auch Teile der abgegrenzten Spielplätze außerhalb der Betriebszeiten öffentlich zugänglich zu machen, sind daher wichtige Faktoren, den Begriff „offene Schule“ nicht bloß Schlagwort bleiben zu lassen. Das Angebot wird angenommen: Ein übriggebliebener Pizzakarton und eine leere Kekspackung auf dem Tischtennistisch im überdeckten Teil des mit zahlreichen Spiel- und Sitzgelegenheiten ausgestalteten, nicht umzäunten Vorbereichs sind am Sonntagvormittag Zeugen einer kleinen Party am Vorabend. Ein paar Schritte weiter nutzen Mütter und ihre Kinder im Vorschulalter den nach Betriebsschluss bis 21 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen von 8 bis 21 Uhr geöffneten Spielplatz. Das Schild, auf dem die Stadtverwaltung um sorgsamen Umgang mit dem Angebot bittet und viel Spaß damit wünscht, übernimmt die dreiflügelige Form eines Clustergrundrisses, dieals grafisches Element – zum Beispiel beim Durchlaufschutz an den Verglasungen – immer wieder an der Schule auftaucht.
Gestapelte Sternchen
Ebenerdig kommen in einemrechtwinkeligen Sockelgeschoss jene Funktionen zu liegen, die von der gesamten Campusgemeinschaft genutzt werden, respektive unkompliziert für externe Besucher erreichbar sein sollen. Nächst dem Haupteingang liegt der – zwecks Erlangung einer größeren Raumhöhe abgesenkte – Veranstaltungssaal. Ebenfalls zum Vorplatz hin orientieren sich die Büros der Verwaltung, zur Gartenseite wenden sich Küche, Speisesaal, Werksäle und Therapieräume. Auch die drei Kleinkindergruppen und Förderklassen kommen – auf raschem Wegzugänglich – ebenerdig zu liegen. Um den Strom der ankommenden Kinderschar zu entflechten, wird der Hauptzugang von zwei weiteren Eingängen flankiert, von denen Stiegenhäuser direkt in die Cluster von Kindergarten und Volksschule führen. In diesen Clustern angekommen, verfliegt sofort jeglicher Spundus, den man vor einem so großen Gebäude für1100 Kinder gerechtfertigt haben kann, wenn man noch klein ist. „Sternchen“ nennen die Architekten die Einheiten, die im ersten und zweiten Obergeschoss zu kleinen zweigeschossigen Häusern im Haus gruppiert sind. Eine Treppe und ein zentrales Atrium verbinden die untere Ebene des Kindergartengruppen und die obere der Volksschule, womit sozusagen vierübersichtliche Kleinschulen innerhalb des riesigen Gesamtkomplexes entstehen. Zahlreiches Mobiliar wurde für diverse Spiel- und Lernszenarien maßgeschneidert, jede Ebene wie ein Dorfzentrum als Gruppierung kommunizierender Gefäße konfiguriert. Raumhohe Edelstahlnetze gewähren ungehinderten Durchblick zwischen dem Platz unten und der Galerieoben. Vorhänge erlauben es, den Grad an Sichtverbindung zu regulieren. Unterstützt vom Farbkonzept in Beige-, Rosé- und Blautönen und der von geölten oder unbehandelten Holzoberflächendominierten Materialsprache gelang ein alle Sinne stimulierendes Setting, das Gemeinschaftsgefühl wirksam werden lässt und eine gute räumliche Basis für die Zusammenarbeit über die Geschosse und Bildungsstufen hinweg bildet.
Gebautes Leitbild
Die Raumgeometrie findet sich im obersten Geschoss wieder, das der Neuen Mittelschule vorbehalten ist, hier allerdings auf einer Ebene. Drei Bildungsräume– so heißen die Klassenzimmer jetzt – sowie diverse Sonderunterrichtsräume(EDV, Physik, Musik, etc.) sind um die gemeinsame multifunktionale Mitte gruppiert und jeweils zwei solche Einheiten zu einem Bildungsbereich gepaart. Es gibt zwei Typen von Bildungsräumen, einen rechteckigen mit 78 m²und einen quadratischen mit 60 m², plus einen Appendix mit 18 m². Die Regale sind an den Außenwänden angebracht, womit die Kinder ganz beiläufig beim Abstellen ihrer Materialien den Blick ins Freie mitgeliefert bekommen. Die Verbindung ins Freie – visuell oder räumlich – ist eines der großen Themen des Campus. Aus jedem Bildungsbereich gibt es direkten Zugang auf eine große, teilweise überdeckte Terrasse mit altersgerechtem Equipment für eine abwechslungsreiche Unterrichts- und Pausengestaltung an der frischen Luft. Außentreppen verbinden die von EGKK Landschaftsarchitektur ideenreich gestalteten Freiräume über die Geschosse hinweg und führen bis in den Garten, der mit Spielplätzen und Sportmöglichkeiten für alle Altersgruppen, Rückzugs- und Therapiegärten sowie Wasserspielen aufwartet. Für das Gelingen einer ganztägigen Schulform stellt die Schularchitektur ein wesentliches Kriterium dar, betont der Nationalen Bildungsbericht 2018. Der Bildungscampus Berresgasse liefert dazu ein gebautes Leitbild.
JOINT AND START / Franziska Leeb
As construction of a new urban quarter with around 3000 dwellings gets underway, the seventh Viennese education campus in the Donaustadt municipal district not only has the role of an urban joint between existing structures and those being newly created, it also has the potential to play a key role in establishing a lively urban district culture.
Between panel blocks and fields
Given the extensive areas of fields, remnants of the old farming village of Breitenlee from the previous century, and the rampant, uncontrolled growth of houses with garden and swimming pool dating from the very recent past, it would be easy to have the feeling that the big city is far away, were it not for the large panel-built municipal housing blocks from the 1970s designed by Oskar and Peter Payer that stand directly behind. In a few years’ time new housing complexes on the fields now available for development will provide a new home for thousands of people. The patchwork of old and new, small-scale and large volume, loose and dense suggests that considerable effort will be needed to enable an urban district with its own identity to develop here. The role that Berresgasse education campus, which began operation at the start of this school year, will play in this process is signalized from adistance. Although the building designed by PSLA Architekten(Lilli Pschill and Ali Seghatoleslami) rises up behind the single family houses like a mountain range from another planet, bu through the way the volume is articulated and its graininess it manages to connect the scales of the different housing worlds.The liveliness of the facade results from the different window formats and parapet heights used and from the way in which horizontal and vertical boarding alternate on the wooden facades of the upper floors. Depending on where it is used, areas of this boarding will weather and turn grey in different ways and to different extents. Over the course of time the warm colour of the fresh larch wood will change to shades of silvery grey, which will blend with those parts of the building not made of wood.
Integrative role
The rich variety of the facades can be interpreted as a symbol of the different education worlds which in Vienna what is known as the “Vienna Campus Module” has been attempting to unify for around ten years. The goal is to combine at a single location learning and leisure facilitiesfor children from birth to the age of fourteen by means of all-day care and supervision. In the context of the “new educational facilities building program 2012–2023” this concept has been developed further under the title “campus plus”. The aim here is to link teaching and the organization of leisure at the various educational levels more closely in order to encourage learning from each other and to make it easier for childrento move on to the next, higher level. Here four primaryschool classes and three kindergarten groups or six classes ofthe New Middle School are combined in a cluster to form “Bildungsbereiche”(education areas), known for short as BIBER, which make joint use of multi-function areas. In addition, accordingto the specific location, in a “campus plus” further education and leisure facilities are to be integrated or multipurpose halls and sports facilities should be made suitable for use by people from outside the school.
Not a closed institution
In view of the fact a new urban district will soon grow up on the fields opposite the school and a densely settled environment is already in existence, the architects strove to mesh the school with the district as much as possible and therefore did not separate the school site completely from the surroundings. A large forecourt, which keeps a distance to the new development and at the same time is potentially a district meeting space, and the fact that parts of the play areas are open to the public outside school hours are important factors that ensure that in this case the term “open school“ is more than just a slogan. The offers made have been accepted: On a Sunday morning a left-over pizzabox and an empty biscuit package on the table tennis table in the covered part of the front area, which has various play and seating facilities and is not fenced off, offer evidence of a small party held there on the previous evening. A few steps further on mothers with their children of pre-school age use the playground that stays open after school until 9 pm and is open from 8 am to 9 pm at weekends and on public holidays. The sign on which the municipal administration asks people to use the facility carefully and wishes them lots of fun doing so, employs the tripartite form of a cluster plan, which as a graphic element – for instance to indicate the presence of glass walls – occurs repeatedly in the school.
Stacked little stars
At ground floor level those functions that are used by the entire campus community or which should be easily accessible to external visitors are combined in the right-angled plinth level. The events hall, located beside the main entrance, is sunken into the ground to create a greater room height. The offices for the administration also face towards the forecourt, while the kitchen, dininghall, workrooms and therapy rooms face the garden. The three groups for small children and support classes are also at ground floor level – and can be reached quickly. To separate the flow of children arriving at the building the main entrance is flanked by two further entrances from which staircases lead directly to the clusters of the kindergarten and primary school. Having arrived in these clusters any fears that asmall child might easily have of such a large building for 1100 children are immediately dispelled. “Sternchen“ (little star/starlet) is what the architects call the units that are grouped on the first and second floor to form small, two-storey houses within the building. A staircase and a central atrium connect the lower level of the kindergarten groups and the upper level of the primary school creating four compact small schools within the huge complex. Numerous items of the fittings were tailor-made for various play and learning scenarios, each level is configured like a village centre as a grouping of communicating vessels. Room-height stainless steel nets allow unobstructed views from the gallery above to the square below. Curtains can be used to regulate the degree of visual connection. Supported by a colour concept based on shades of beige, pink and blue and by a material language in which oiled or untreated wood surfaces predominate, a setting is created that stimulates all senses, allows a sense of community to develop, and creates a good spatial basis for collaboration across all floors and educational levels.
Built model
On the top floor, which is reserved for the New Middle School, this spatial geometry is found again but here everything is on just one level. Three education rooms – as classrooms are now called – as well as various special subject rooms (EDV, physics, music etc.) are grouped around the joint multi-functional centre and two such units are paired to form an education area. There are two kinds of education rooms: a rectangular one measuring 78 m² and a square one measuring 60 m², plus an appendix with a floor area of 18 m².The shelves are mounted on the external walls so that, when putting back their material, the children can also enjoy a view outside. And indeed, the connection to the outside – whether visual or spatial – is one of the major themes on this campus. From every education area there is direct access to a large, partly covered terrace, which is equipped with age-appropriate equipment for varied organisation of lessons and breaks in the open air. External staircases connect the open spaces on different levels that were creatively designed by EGKK Landschaftarchitektur and lead to the garden, which offers play areas and sports facilities for all age groups, therapy gardens and quiet areas as well as water games. The national education report 2018 emphasises that the school architecture is an important criteria in the success of the all-day school type. In this regard Berresgasse education campus offers a fine built model.